Besichtigungstipp: Gedenkstätte Langenstein-Zwieberge

Für eine Recherche besuchte ich vor kurzem die Gedenkstätte Langenstein-Zwieberge. Sie liegt nur wenige Kilometer südwestlich von Halberstadt inmitten einer Berg-, Wald- und Heidelandschaft. Bei der Besichtigung des 13 Hektar großen Geländes erinnert außer ein paar Zaunpfosten zunächst nur wenig an das einstige Zwangslager.

Bei näherer Erkundung mit Hilfe der sehr informativen Außenausstellung finden sich auf den Wiesen und im Unterholz viele Gebäudefragmente: Mauern, Treppen, Rinnen, Bodenplatten, Rohre, Schächte, Latrinen und Bauschutt. Sie gehören zu einem KZ-Außenlager von Buchenwald, das im April 1944 in kürzester Zeit und nur notdürftig an diesem Standort errichtet wurde. Bis April 1945 waren hier insgesamt mehr als 7.000 Menschen aus mindestens 23 Ländern gefangen und wurden bei körperlich schwerster Zwangsarbeit ausgebeutet.

Wie viele andere Lager zu Kriegsende diente Langenstein-Zwieberge dem wahnwitzigen Vorhaben des NS-Regimes zur Untertageverlagerung von Rüstungsfabriken. Hierfür mussten die Gefangene in elf Monaten ein Stollensystem von etwa 13 Kilometer Länge und einer Fläche von 67.000 Quadratmetern mit primitiven Mitteln in den benachbarten Thekenberg treiben. Begleitet wurden die mörderischen Arbeiten bei äußerst mangelhafter Verpflegung von ständigen Unfällen. Hierdurch und aufgrund der widrigen Bedingungen war die Todesrate dramatisch hoch.

Die eigentliche Fabrik, das Junkers-Werk aus Halberstadt, war nur kurz im Stollen in Betrieb. Nach Verlegung und Produktionsbeginn Anfang Februar 1945 wurde die Arbeit wegen Materialmangel drei Wochen später wieder eingestellt.

Der Weg, den die Gefangenen täglich zum Arbeitsort nehmen mussten, ist auch Teil der Außenausstellung. Neben dem Weg finden sich an verschiedenen Stellen die großen Abraumhalden des Stollenbaus. Der Stollen selbst ist ebenfalls noch erhalten, jedoch nur im Rahmen einer Führung zugänglich.

Neben der sehr informativen und angenehm schlichten Außenausstellung sind mir besonders die verschiedenen, eher kleiner gehaltenen und qualitätvollen Gedenkgestaltungen aus der DDR-Zeit aufgefallen, die sich verstreut auf dem Gedenkstättengelände befinden. So zeigt ein Bronzerelief von Eberhard Roßdeutscher am Eingang der Gedenkstätte den Lagergrundriss und eine Stele erinnert an die Zwangsarbeit.

Links: Bronzerelief von Eberhard Roßdeutscher. Mittig: „Todesmarschkubus“ von Eberhard Roßdeutscher. Rechts: Areal eines ehem. Landgasthauses, in dem im April 1944 jene Gefangenen untergebracht waren, die das Lager errichten mussten

Der ebenfalls von Roßdeutscher geschaffene „Todesmarschkubus“ verdeutlicht die Räumung des Lagers am 9. April 1945 und den Todesmarsch, bei dem rund 3.000 völlig entkräftete Gefangene in mehreren Gruppen in Richtung Quedlinburg in Marsch gesetzt wurden. Ein Großteil der Gefangenen starb auf dem Gewaltmarsch an Erschöpfung oder wurde vom Begleitpersonal ermordet.

Weitere Informationen auf der Internetseite der Gedenkstätte.

(Fotografien von Anke Binnewerg / VG Bild-Kunst 2021)

[17.8.2021]