„Nach einigen Tagen wagten wir uns vorsichtig zurück“

Rückblick auf einen bewegenden Abend

Am 27. Oktober 2021 fand unsere Vortrags- und Gesprächsveranstaltung zum Kriegsende im Tharandter Wald im Rahmen einer Ortschaftsratssitzung statt. Wir haben uns über die rege Teilnahme sehr gefreut, denn circa 60 Personen hatten den Weg nach Kurort Hartha ins Vereinshaus Erbgericht gefunden. Das waren vor allem Einwohnerinnen und Einwohner verschiedener Altersgruppen aus Hartha, Grillenburg, Klingenberg und Tharandt sowie Vertreterinnen und Vertreter von Initiativen und Vereinen aus Dresden und Leipzig.

Der Abend begann mit einem Vortrag zu den Ergebnissen unserer Vorstudie zum Kurort Hartha. Anhand zahlreicher Kartengrafiken erläuterten wir, welche Ereignisse zwischen Februar und Mai 1945 den Ort betrafen. Im Anschluss meldeten sich drei Zeitzeugen – zwei aus Hartha und einer aus Tharandt – zu Wort. Es war sehr bewegend zu erfahren, wie die drei als Kinder das Kriegsende erlebt hatten und von welchen, teils erschütternden Erfahrungen sie berichteten. Die Erinnerungen brachten viele neue Informationen zu den Geschehnissen. Sie betrafen den Todesmarsch völlig entkräfteter Frauen aus dem KZ-Außenlager Markkleeberg, die sich durch Tharandt schleppten, eine Odyssee-artige Flucht bis ins Erzgebirge, mehrere Situationen von Todesgefahr sowie schwerverletzte Soldaten, die in einem in der Forstuniversität eingerichteten Lazarett versorgt wurden. Auch jüngere Menschen im Publikum meldeten sich zu Wort und zeigten sich dankbar für die Möglichkeit, mehr zu dieser Zeit zu erfahren und vor allem miteinander ins Gespräch zu kommen. Besonders gefreut haben wir uns auch über bereits vor der Veranstaltung zugesandtes bzw. an dem Abend mitgebrachtes Material, wie bspw. Fluchterinnerungen von Familienangehörigen, die weit über den Tharandter Wald hinaus mit den Kriegsgeschehnissen in Europa in Zusammenhang stehen.

Im Nachgang erschien am 3. November 2021 ein Artikel zur Recherche in der Sächsischen Zeitung.

Der Abend begann mit einem Vortrag zu den Ergebnissen der Vorstudie, bei dem auch über zwei „Todesmärsche“ aus den KZ-Außenlagern Neustaßfurt (linkes Bild, blaue Pfeile) und Markkleeberg (linkes Bild, violette Pfeile), die durch den Tharandter Wald führten, informiert wurde. Anschließend wurde das geplante „Mitmach-Raum-Tagebuch“ vorgestellt und erläutert, wie sich Interessierte hieran beteiligen können.

Wie geht es weiter?

Beim Gesprächsabend konnten die Erinnerungen der Zeitzeugen nur ansatzweise zur Sprache kommen und es wurde deutlich, dass es noch sehr viel mehr zu erfahren und zu erforschen gibt. Im nächsten Schritt wollen wir weiteres Material sammeln und mit Ihnen ausführlicher in Gespräche kommen, um gemeinsam ein umfassenderes Bild der Geschehnisse zu gewinnen. Entstehen soll bei gesicherter Finanzierung nächstes Jahr ein „Mitmach-Raum-Tagebuch“ zum Kriegsende im Tharandter Wald, dass allen Interessierten online zur Verfügung stehen wird. An dessen Entstehung können Interessierte beispielsweise durch Bereitstellung historischer Fotografien, persönlicher Aufzeichnungen, Berichten aus eigenem Erleben oder durch Angehörige, aber auch gemeinsame Recherchen, Erkundungen oder Dokumentationen von Schauplätzen mitwirken.

Über den Projektstart 2022 werden wir in diesem Blog, in der lokalen Presse und in den hiesigen Amtsblättern informieren.

Sie erreichen uns zudem per E-Mail: raumtagebuch@gmx.de

Carola Ilian und Anke Binnewerg

(Grafik von Anke Binnewerg / VG Bild-Kunst 2021; Fotografie von Ralf Bergmann 2021)

[23.11.2021]