„Familienbilder“ – Vorschlag zur Transformation des Mosaik-Wandbildes „Familie“ von Siegfried Schade von pink tank

Anlässlich der Ausstellung „Bewahren?! Mosaiken und keramische Wandflächen in der Denkmalpflege“, die vom 19. Mai bis zum 2. Juli Zentrum für Baukultur Sachsen in Dresden gezeigt wird, möchten wir – die interdisziplinäre Gruppe pink tank – unseren Wettbewerbsentwurf „Familienbilder“ in Erinnerung bringen.

Anlass

Mit dem Vorschlag haben wir uns 2015 am offenen Ideenwettbewerb der Freien Akademie Kunst + Bau e.V., unterstützt durch die Kunstkommission der Landeshauptstadt Dresden beteiligt. Das Thema lautete „Transformationen von Kunst im öffentlichen Raum“ an einem konkreten Kunstwerk, dem Wandbild „Familie“ von Siegfried Schade. Konzipiert und realisiert wurde das Werk 1979 für die DDR-Großwohnsiedlung Dresden-Prohlis (26m x 10m, ca. 200t) und im Zuge des Abrisses des bildplattentragenden Wohnblocks unter Denkmalschutz gestellt. Eingelagert in 30 Einzelteilen auf verschiedenen Bauhöfen geriet es für ein Jahrzehnt in Vergessenheit. Die damit verbundenen witterungsbedingten Schäden verschärften die ohnehin problematischen Fragen des weiteren Umgangs mit diesem Zeugnis der baugebundenen Kunst aus der DDR-Zeit.

Lagerungssituation und Zustand des Wandbildes 2015.

Vorschlag „Familienbilder“

Die idealisierte, Geborgenheit suggerierende Darstellung des monumentalen Wandmosaiks von Schade erinnert an die Ikonographie einer Mariendarstellung und hatte bereits zur DDR-Zeit wenig mit der Lebenswirklichkeit der meisten Prohliser zu tun. Mit unserem Vorschlag zur Transformation und Neuinterpretation von Schades Motiv griffen wir aktuelle gesellschaftliche Fragen mit direktem Bezug zu Prohlis auf. Die Einbeziehung der dortigen Bewohnerschaft sowohl in den Diskurs als auch in die Realisierung des Entwurfs war eines unserer Kernanliegen. Mit unserem Vorschlag transformieren wir Schades Wandbild „Familie“ in zwölf Fassadenbilder für die Häuserzeile zur Prohliser Allee. Sie lehnen sich thematisch, stilistisch, materiell und örtlich am Originalbild an und bewahren damit die Erinnerung an das 2003 entfernte Werk. Durch die Erstellung neuer Motive auf Basis von aktuellen Fotografien Prohliser Familien wird die frühere Bildaussage zeitgemäß umgesetzt. Die Verteilung auf mehrere Flächen veranschaulicht die Vielschichtigkeit heutiger Familienkonstellationen und entmonumentalisiert das ursprüngliche Bild. Im Sinne der Denkmalpflege soll möglichst viel Originalsubstanz des ursprünglichen Wandbildes erhalten und neu zusammengesetzt werden.

Visualisierung des Wettbewerbsentwurfs „Familienbilder“ mit Platzierung des fragmentierten und neu gestalteten Wandbildes im oberen Bereich der Treppenhausgiebelflächen. pink tank 2015. Rechts: Probestück „Familienbilder“. Ausführung Susan Donath 2016.

Weitere Entwicklung

Unser Vorschlag „Familienbilder“ wurde wie vier andere Entwürfe ausgezeichnet und 2015 auf einem Symposium diskutiert. Obwohl die Notwendigkeit einer öffentlichen Auseinandersetzung wie auch kontroversen Meinungsbildung seitens der verantwortlichen Institutionen/ Kultur- und Denkmalamt der Stadt Dresden betont wurde, stagnierte der Diskurs um den Umgang mit dem Wandbild. Zur Veranschaulichung unseres Vorschlags und erneutem Anschub der Debatte erarbeitete das pink-tank-Mitglied Susan Donath 2016 ein Probestück, das im Rahmen der Ausstellung „Triumpf“ auf dem Gelände der Freien Akademie Kunst + Bau e.V. gezeigt wurde. Hierfür wurden lose Mosaikfliesen des Wandbildes geborgen, gereinigt und ausgelegt, um beispielhaft die Wirkung der „Familienbilder“ zu zeigen. Ebenfalls 2016 führten wir ein Interview mit Iris Engelmann über die Entstehung unseres Entwurfs und die gesellschaftlichen Implikationen des Wandbildes. Die Landeshauptstadt Dresden griff weder unseren noch die anderen Wettbewerbsvorschläge auf, sondern ließ das Wandbild restaurieren (siehe Sächs. Zeitung v. 6.2.2018). Es wird aktuell im städtischen Lapidarium aufbewahrt und wartet dort auf eine Wiederverwendungsmöglichkeit an geeigneter Stelle (siehe Sächs. Zeitung v. 20.1.2018).

pink tank – Carola Ilian, Iris Engelmann, Susan Donath, Anke Binnewerg
(am Entwurf waren 2015 Carola Ilian, Dominique Fliegler, Susan Donath und Anke Binnewerg beteiligt)

[18.5.2022]