Auf Vermittlung der Gedenkstätte Buchenwald bekam ich im Februar und März 2023 die Möglichkeit, an dem EU Horizon 2020 Projekt „Visual History of the Holocaust: Rethinking Curation in the Digital Age“ mitzuarbeiten. Träger des Projekts ist ein internationales Konsortium, zu dem unter anderem die Gedenkstätten Bergen-Belsen, Dachau und Mauthausen, zwei Filmmuseen sowie Universitäten und Forschungsinstitute in Bremen, Giessen, Jerusalem, Paris und Wien gehören. Partner des Vorhabens sind das Fritz Bauer Institut, die National Archives and Records Administration (USA), das United States Holocaust Memorial Museum, Yahad-In Unum und die Gedenkstätte Buchenwald.
Inhalt des Vorhabens ist die Kartierung, Kontextualisierung und Neuordnung von Filmdokumenten der alliierten Truppen, die während und nach der Befreiung der NS-Konzentrationslager entstanden sind. Mein Auftrag bestand in der Sichtung und Auswertung von 45 Filmen aus der Zeit nach der Befreiung des KZ Buchenwald am 11. April 1945. Auf der Online-Plattform des Projektes habe ich den Aufnahmen die abgebildeten Orte und Gebäude zugeordnet und nach Möglichkeit die Kamerastandorte und Zielpunkte bzw. Sichtfelder lokalisiert und in einem aktuellen Luftbild eingetragen.
Um zu besseren Ergebnissen zu gelangen, erweiterte ich die vorgegebene Methode durch Überlagerung eines georeferenzierten historischen Luftbildes von 1945 mit einem aktuellen Luftbild sowie bezog eigene bauhistorische Forschungen und Bestandsuntersuchungen, historische Fotografien und Pläne mit ein.
Durch Verknüpfung der verschiedenen Quellen gelang es in den meisten Fällen, die in den Filmen aufgenommenen räumlichen Verhältnisse nachzuvollziehen. So konnte ich anhand der Bestandsdokumentation und Materialsammlung zur ehem. Buchenwaldbahn nun den Standort von Filmaufnahmen auf der Trasse bestimmen.
Insgesamt war die Mitarbeit an dem Projekt eine große Bereicherung, weil ich mit den Filmen Zugang zu neuem Material bekommen und ein neues Auswertungs-Tool kennengelernt habe, was sich mit meiner multiperspektivischen Arbeitsweise gut verknüpfen ließ. Die Aufnahmen und vor allem die gefilmten Rundgänge sind aus meiner Sicht eine hervorragende Quelle für die bauhistorische Forschung, da sie vertiefte Einblicke in bauliche Details, Aspekte der Nutzung und Wegeführung und insgesamt eine noch konkretere Vorstellung von den räumlichen Verhältnissen im Lager ermöglichen.
[06.04.2023]